Warum Chilli zum Husten bringt

Wer praktisch nichts über das Chilli weiss, wird doch wissen, dass es scharf schmeckt.

Mit seiner reizenden Wirkung geht es aber noch wesentlich weiter… bis hin zu Folter und Krieg.

Im Hausgebrauch eher zu bemerken ist nur, dass Chilli zu braten sehr leicht zu einem Hustenreiz führt.

Je schärfer das Chilli, je intensiver der Umgang mit Hitze, desto wahrscheinlicher der Hustenanfall.

Aber was steckt dahinter?

Das Brennen von Chilli

So allmählich verbreitet sich das Wissen, dass die Schärfe von Chilli eigentlich nichts ist, was man schmeckt.

Man schmeckt, im Mundraum und vor allem an der Zunge, süss, sauer, salzig, bitter und umami. Man erkennt komplexe Aromen, wenn die Geruchsstoffe aus dem Essen in die Nase gestiegen sind.

Wenn man sich bei einer Erkältung beklagen muss, dass das Essen nicht (oder nach nichts) schmeckt, dann riecht es eigentlich nach nichts.

Beim Chilli kommen durchaus auch solche Aromen ins Spiel; man sollte sie nicht unterschätzen.

Der bemerkenswerteste Effekt aber ist die Schärfe – und diese ist tatsächlich eine Schmerzempfindung.

Dieselben Schmerzrezeptoren im Mund, die zu hohe Temperaturen erkennen, sprechen auch auf Capsaicin an – oder so wird das jedenfalls gerne erklärt.

Der TRPV1-„Schadensmelder“

Die Schmerzrezeptoren, die hier gemeint sind, sind die TRPV1-Rezeptoren. Eigentlich reicht vielleicht schon TRPV1, steht das doch für „Transient Receptor Potential Vanilloid 1“.

Solche Sinneszellen bzw. Ionenkanäle für vorübergehende Rezeptorpotentiale gibt es einige. Sie sind im gesamten Körper zu finden und erfüllen zahlreiche Rollen.

Bevor wir uns in Details verlieren, konzentrieren wir uns aber besser nur auf TRPV1.

Wo liegt TRPV-1?

Der Ionenkanal liegt in der Membran von Schleimhautzellen.

Anscheinend gibt es manche Zellen mit solchen „Sensoren“ in der Haut, weswegen man Chillischärfe zum Teil schon auf der Haut bemerkt.

Besonders aber liegen TRPV1 wie gesagt in Schleimhautzellen, also in Schleimhautmembranen.

Wie von Nase und Mund in die Lunge und durch den Magen-Darm-Trakt. (Und daneben z.B. am Auge und im Inneren der Geschlechtsteile…)

Die Funktion von TRPV1

TRPV1 dient als Rezeptor für diverse schädliche Einflüsse.

Zuerst bemerkt wurde eben, dass TRPV1 auf schädliche Hitze und bzw. mit Schmerz reagiert und durch Capsaicin (und Resiniferatoxin) – bzw. durch Vanilloid-Einheiten auf diesen Substanzen, daher eben seine Benennung als Vanilloid-Rezeptor – angeregt wird.

Mittlerweile ist bekannt, dass der Rezeptor tatsächlich auf verschiedene Reize anspricht, darunter eben Temperaturen >43 Celsius, saurer pH, irritierende Chemikalien und mehr.

Capsaicin oder Säuren binden an den Rezeptor und öffen den Ionenkanal (womit ein Reiz ausgelöst wird) bzw. machen ihn empfindlicher.

Gerade bei Capsaicin ist die Erklärung die, dass TRPV1 dadurch so empfindlich wird, dass Schmerzsignale nicht mehr bei Temperaturen über 43C ausgelöst werden, sondern schon bei 36C… also durch die menschliche Körpertemperatur.

Warum Scharfes „Heiss“ Schmeckt

Mit dieser Verbindung von verfälschtem Temperaturreiz hängt wohl auch zusammen, dass scharfes Essen warm vorkommen kann, selbst wenn es kalt ist.

Noch eindeutiger wird darum wohl, warum scharf gewürztes Essen unangenehmer wird, wenn man es heisser isst.

Warum „riechen“ wir Capsaicin?

Um zu erklären, wie das alles jetzt zum Husten bringt, müssen wir uns daran erinnern, dass es TRPV1 bis in die Lunge hinein gibt.

Die Kanäle/Rezeptoren dienen dort dazu, schädliche Einwirkungen bzw. Substanzen zu erkennen und darauf zu reagieren.

Und wie reagiert man, wenn man etwas schädliches in der Atemluft hat? Genau, man hustet.

Capsaicin kann eben beim Kochen durchaus auch, durch die Hitzeeinwirkung und wahrscheinlich gelöst in Öl ganz besonders gut, in die Luft gelangen. Verbrennt man ein Chilli, geschweige denn, man stecke es in die Mikrowelle*, dann wird ebenso Capsaicin in die Luft transportiert.

Atmet man das ein… Nun, dann viel Vergnügen.

Die Aktivierung von TRPV1 spielt übrigens auch bei Atemwegserkrankungen bis hin zu COPD und Asthma eine Rolle, bei Entzündungen… und so ähnlich angenehm gestaltet es sich, wenn man eine gute Dosis Capsaicin einatmet.

Es ist allerdings nicht so, als würde man davon sofort Probleme jenseits des Hustenanfalls bekommen.

(Tatsächlich scheint die Rolle von TRPV1 in Entzündungsprozessen so zu funktionieren, dass das „Ausschalten“ dieses Rezeptors zu weniger Problemen bzw. längerem Leben führen kann – jedenfalls bei Mäusen.)

Angenehm aber ist es nicht gerade.

Es hat schon seinen Grund, warum in Hunan gerne am Balkon oder auf jeden Fall in einer Küche in einem eigenen Zimmer gekocht wird, mit guter Lüftung, nicht in einer geschlossenen Wohnung!


*Versuche, Chilli in der Mikrowelle zu trocknen, haben immer wieder schon zu Terroralarm und Feuerwehreinsätzen mit schwerem Atemgerät gesorgt.

Es hat auch schon ausgereicht, Rezepte auszuprobieren, bei denen im ersten Schritt  etwas Chilli in einer Pfanne sehr scharf angebraten wird. Die Mikrowelle scheint aber ganz besonders effektiv darin zu sein, Capsaicin direkt in die Luft zu bekommen.

Ja, ich spreche aus persönlicher Erfahrung. Glücklicherweise aus einem leeren Haus und ohne Feuerwehreinsatz.

Mit all dem versteht man auch, wie die Leute aus Cuetlaxtla den Rauch von Chilli verwenden konnten, um Azteken-Abgesandte ins Jenseits zu befördern.

Und wie einprägsam die Bestrafung aztekischer Kinder mittels Rauch brennender Chilli gewesen sein muss!

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