Ein Geschmack transportierte uns geradewegs zurück nach China, noch dazu der einer Zutat, die wir selbst angebaut hatten: zwei Essen, zwei Speisen aus Bittermelone.

Wie Chilli ist auch Bittermelone ein erworbener Geschmack. Diese „Melone“ (Gurke?), auch als Balsambirne bekannt (ein Euphemismus, der seinesgleichen sucht), wahrscheinlich noch mehr als das Chilli: sie gilt ja als sehr gesund, aber sie ist vor allem einmal bitter wie die übelste Medizin, ohne wenigstens die interessante Schärfe des Chilli zu besitzen. Beim ersten Mal Bittermelone fragt man sich nur, warum – oder ob – so etwas überhaupt gegessen werden sollte.
Andererseits handelt es sich hierbei um ein Gemüse, das von Japan über China durch Südostasien und Indien gegessen wird. Nicht zu vergessen, dass es genug solcher Nahrungs- bzw. Genussmittel gibt, die alle anfänglich nicht gut schmecken, nach Gewöhnung aber sehr beliebt sind, weil sie besondere Qualitäten aufweisen: Bier, Kaffee – und gar nicht so wenige bittere Gemüse und Kräuter. So wie Kaffee mit Milch und Zucker (oder auch mit Zimt) schmackhafter gemacht werden kann, so lässt sich auch KuGua angenehmer, wenn nicht geradezu wohlschmeckend, zubereiten.
Zunächst einmal muss man sie aufschneiden und die Samen (welche als giftig gelten) entfernen. Dann wird die Frucht in Scheiben geschnitten – vorzugsweise in dünnere.
In Restaurants scheinen diese dann oft blanchiert zu werden, um den bitteren Geschmack noch weiter abzumildern; man gewöhnt sich aber (wenn man nicht gerade überempfindlich ist) ganz gut daran.
Meiner Meinung nach das beste Gericht für das Kennenlernen ist KuGuaChaoDan (苦瓜炒蛋), Bittermelonen-Rührei: Dazu werden die Bittermelonen-Scheiben etwa fünf Minuten in heissem Öl angebraten (sie sollten ein wenig weicher und eventuell leicht angebräunt werden, aber nicht mehr), dann werden 1-2 Eier hinzugefügt und unter Rühren gebraten. (Restaurants haben einen Trick, damit das Ei an der Bittermelone anhaftet, den kennen wir aber ehrlich gesagt nicht). Nach Belieben salzen.

Die Kombination von Ei und Salz mit dem bitteren Geschmack reduziert die unangenehme Bitternis; die gesamte Mischung ist sehr schön aromatisch.
Weniger für den Anfänger ist KuGuaQingJiao (苦瓜青椒), Bittermelone mit grünem Chilli. Auch hierfür wird die Bittermelone entsamt und in Scheiben geschnitten. Dazu wird auch etwas scharfes grünes Chilli in Scheiben geschnitten. Beides wird für ein paar Minuten angebraten, leicht gesalzen und serviert. Etwas scharf, je nach Chilli, und auf jeden Fall bitter lässt dieses Gericht den Eigengeschmack der Zutaten besser zur Geltung kommen – und schmeckt damit ebenso wie Tonic Water: Wenn man sich daran gewöhnt hat, dann hat es einfach etwas an sich, was ein wahrer Genuss ist. Bevor man sich daran gewöhnt hat jedoch, ist es eher nur dazu gut, Kohlsprossen und ähnliches im Vergleich süss erscheinen zu lassen.

Das Beispiel Bittermelone ist besonders faszinierend, weil es ein perfektes Beispiel für die Entwicklung von Geschmacksvorlieben darstellt.
Zunächst einmal ist sie kaum geniessbar; ein Geschmack, tatsächlich, bei dem all unsere angeborenen Warnsysteme in Alarm versetzt werden. Zu bitter, bäh!
Mit der Zeit jedoch gewöhnt man sich daran, und man kann gar lernen, den Geschmack zu mögen. Er ist nun einmal erfrischend, etwas anderes – und hallo, es ist doch gesund. Gerade in dieser unserer heutigen Zeit, in der immer mehr junk food unsere fundamentalsten und schlimmsten Ess-Instinkte anspricht, sind die Lektionen solcher Geschmäcker mit Widerstand sehr nötig: Man muss lernen, wie echtes und echt gutes Essen schmeckt, nicht nur nach sofortiger Befriedigung streben. Und umgekehrt wird, hat man echtes Essen einmal erlernt, der ganze Müll der als Essen verkauft wird aber zu süss, zu fettig, zu kalorienreich ist, aufhören gar so angenehm zu erscheinen.
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