Es gibt kein Chilli. Das ChiliCult-Manifest.

Ceci n'est pas "chili"

Es gibt kein Chilli. Wenn ein Produkt in seiner Liste an Zutaten von „Chilli“ spricht, dann lügt es. Die Bilder die man so im Sinn hat – von glänzend roten Schoten, dem glühenden Pulver, den neongelben Habaneros, den grünen New Mexican Peppers – das ist nicht „Chilli.“Nicht nur so wie Magritte von „Dies ist keine Pfeife“ sprach, weil es nur ein Bild davon ist, sondern weil auch eine tatsächliche Pflanze oder die Schote oder das Pulver nicht einfach „ein Chilli“  ist.

Es liegt auch nicht nur daran, dass es unterschiedliche Namen und Schreibungen gibt. Es ist auch kein Chili, oder Chilipfeffer oder roter Pfeffer oder sonst eine dieser Etiketten.

Ceci n'est pas "chili"

Was es ist, dass ist eine bestimmte Varietät oder Kreuzung, oder zumindest eine bestimmte Spezies, vielleicht auch eine, die in einer bestimmten Region angebaut wird, möglicherweise auch eine, die auf eine bestimmte Art und Weise verarbeitet wird – und darum eben nicht einfach nur „Chilli“, sondern *das* bestimmte Chilli, das es eben ist.

Zu aller mindest ist es ein Habanero. Oder ein New Mexican-Typ von Chilli.

Wahrscheinlicher aber ist es ein Ancho oder ein Poblano oder ein Mulato, oder Pasilla, Jalapeño, Chipotle – verschiedene Varietäten, verschieden je nachdem, ob die noch grünen oder die reifen Schoten verwendet werden, verschieden, je nachdem ob wir von frischen oder getrockneten Schoten sprechen oder auch von geräucherten.

Es ist ein 7 Pot oder 7 Pot Jonah oder 7 Pot Douglah, ein Kitchen Pepper oder ein Scotch Bonnet, ein Caribbean Red oder ein Fatalii, ein Trinidad Scorpion oder ein Trinidad Perfumed Pepper.

Es ist Piment d’Espelette oder Pimentón de la Vera oder ungarischer Füszerpaprika in der einen oder anderen Schärfestufe.

Diese Namen könnten immer noch, in einem gewissen Ausmass, lügen, weil sie sich auf verschiedene Sorten zu beziehen scheinen, wenn es sich tatsächlich um verschiedene Fruchttypen handelt. Jalapeño ist eigentlich nicht die Sorte Jalapeño, sondern der Fruchttyp Jalapeño, die besondere, typische Form der Früchte und (in geringerem Ausmass, aber doch) die Schärfe und das Aroma, welche damit einhergehen.

Es möge sich sogar um einen Namen handeln, der gerade erst erfunden wurde und es handelt sich oft genug um Namen, die gerade einmal erklären, dass dieses Chilli typischerweise rot bzw. grün verwendet wird oder halt eben das lokale Chilli wäre oder eine bestimmte, besondere Eigenschaft aufweist.

So, oder so, es ist nicht einfach „Chilli“.

Es ist auch darum nicht einfach „Chilli“, weil es nicht einfach nur scharf ist. Es sind auch die verschiedenen Arten von Paprika, grün oder reif verwendet, zumindest. Es sind verschiedene Geschmäcker und Aromen und sogar verschiedene Arten von Schärfe.

Ein frischer grüner Serrano ist keineswegs dasselbe wie ein frischer grüner Jalapeño; ein frischer roter Jalapeño kaum das selbe wie ein geräucherter roter Jalapeño – was schliesslich ein Chipotle ist.

Dementsprechend ist ein Habanero, welcher genaueren Form auch immer, nicht jene Art von Chilli, wonach ein chinesisches Rezept verlangen ist. Thailändisches Tom Yum Gong wird frisches Chilli des Thai-Typus an Chilli verlangen, das mit dem sauren Geschmack von Zitronengras und Kaffir-Limette harmoniert, mit dem Fischgeschmack der Meeresfrüchte darin, und das die passende Art an Schärfe liefert.

Auch wenn sauer und scharf, und fischig, ohnehin gut zusammenpassen – wie man es etwa auch im südamerikanischen Ceviche findet – so wird darin doch ein südamerikanisches Ají mit seinen fruchtig-beerigen Noten verwendet werden, kein Thai-Chilli.

Experimentieren Sie also ruhig, so viel sie es nur wollen – aber schenken Sie der reichen Vielfalt die ihr gebührende Aufmerksamkeit und vergessen Sie das generische „Chilli“.

4 Antworten

  1. […] für pure Zutaten und ihre beste Verwendung entwickelt habe – vor allem, wie man wohl am Manifest für ChiliCult merkt, wenn es um das Chilli geht – so habe ich doch auch eine Schwäche für Junk […]

  2. […] ständige Fokus auf Schärfe alleine schadet wohl jedweden Rufen nach einem besseren Verständnis für die komplexen Aromen, die Chillies haben und zu Speisen beisteuern können. Historisch gesehen […]

  3. […] Chilli ist nun einmal nicht gleich Chilli. […]

  4. […] wird wohl klar, warum es hier „Du sollst dein Chilli kennen“ (oder gar „Es gibt kein ‚Chilli‘„) […]

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