Die „Chilli-Stadt“ von Zunyi, die Welthauptstadt des Chilli

In China scheint ohnehin alles etwas grösser, aber es kommt wahrscheinlich trotzdem etwas überraschend, dass China zu den grössten Produzenten und Konsumenten des Chilli zählt.

Viel von diesem Chilli wird in Guizhou angebaut, und viel davon nimmt seinen Weg durch die „Chilli-Stadt“ in Xiazi, einem Teil von Zunyi.

Xiazi? Zunyi? Selbst Guizhou? Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass man von diesen Orten noch nie gehört hat.

10% des Chillihandels der Welt?

Wenn ich hier allerdings von viel Chili spreche, dann meine ich wirklich viel – und zwar des Handels mit Chilli weltweit!

Offiziellen Statistiken von Zunyi zufolge kommen 2,7 Millionen Tonnen frisches Chilli über den dortigen Marktplatz in den Handel. Vergleicht man das mit den Produktionsstatistiken der FAO für frisches Chilli, dann sind das fast 8% der Weltproduktion!

Mit getrocknetem Chilli sieht das ganz ähnlich aus: Gehandelt sollen dort 400.000 Tonnen werden – und das sind 10% der Weltproduktion an getrocknetem Chilli, laut FAO-Daten.

Sieht man sich dort um, ist der Eindruck ein sehr spezieller.

Der Geruch von Chilli liegt überall in der Luft.

Technologie und Big Data

Der Blick auf die Kühl-Lagerhäuser lässt einen die immense Zahl an hier gehandeltem Chilli leicht glauben.

Die involvierte Technologie allerdings endet längst nicht mit Kühltechnik. Bei weitem nicht.

Selbst Big Data-Ansätze werden im Chilihandel inzwischen eingesetzt, um Preisentwicklungen für die verschiedenen Typen an Chilli im  Jahresverlauf und an verschiedenen Marktplätzen zu analysieren, um stabilere und vorzugsweise höhere Wertschöpfung zu generieren.

Die Präsentation auf dieser Seite wird immer professioneller; die involvierten Personen sind es natürlich auch.

Händler und Mittelsmänner

Sieht man die Berge an Chilli, die Händler von verschiedenen Anbauern zusammensammeln, so sieht das auch nach einer ganzen Menge aus, aber gar nicht nach solch immensen Mengen.

Und hier findet man Leute involviert, die auch etwas besser ausgebildet sind – oder zumindest besser darin sind, sich als Mittelmänner zwischen den Bauern und den Einkäufern grosser Unternehmen zu betätigen.

Chilli-Cutter

Dann sind da allerdings auch noch die „Chilli-Schneider“, die verdorbene Ware aussortieren und die Stengel von jenen Typen Chilli abschneiden, bei denen zwar die grüne Kappe des Fruchtansatzes noch gewünscht ist, nicht aber der Rest.

Das alles wird in Handarbeit gemacht, einfach am Boden hockend.

Hier wird sehr leicht erkennbar, warum die Regierungsvertreter, die mit der Verwaltung und Förderung ländlicher und landwirtschaftlicher Entwicklung betraut sind, den Chillihandel so oft als Teil von Massnahmen zur Armutsbekämpfung und Förderung der ländlichen Bevölkerung präsentieren.

Das „arme“ Chilli

Hier findet man wieder einmal einen Aspekt der Verbindung zwischen Mensch und Chilli, der schon lange von Einfluss gewesen ist: Das Chilli scheint sich so schnell so weit verbreitet zu haben und so beliebt geworden zu sein – wenn auch aus den Augen und jedenfalls ohne hohe Wertschätzung – weil es so leicht anzubauen ist.

An Orten, wo nicht viel wertvolles produziert werden konnte, wo man ganz ohne Klischee von der Schwierigkeit, dem Boden ausreichend Nahrung abzuringen, sprechen kann, da wächst Chilli gut. Und die hauptsächlichen Kalorienquellen an solchen Orten sind typischerweise stärkereiche Kohlehydrate, die nach nicht gerade viel schmecken, also schon von etwas Chilli wesentlich verbessert werden.

(Chilli hat sie wahrscheinlich sogar im doppelten Sinne verbessert, sowohl geschmacklich, als auch was Nährstoffe angeht, denn es liefert Vitamine C und A, die in Ernährungsweisen auf der Basis von z.B. Reis eher fehlen.)

Zunyi Yangrou Fen

In Zunyi findet man einen kleinen Hinweis auf solche Beziehungen in der dortigen bekannten Nudelsuppe mit Ziegenfleisch, Zunyi Yangrou Fen.

Nudeln, eine simple Art, Getreide nutzbar zu machen; Ziegenfleisch, von der Art „Weidevieh“, die an den schlimmsten Orten noch gut zurechtkommt; als Suppe, mit der wenige Zutaten schon guten Geschmack ergeben, sich also gut strecken lassen – und dann eben noch mit Chilli gewürzt und verbessert.

Und natürlich kann man sich als Arbeiter gleich in der Chillistadt damit verköstigen.

Scharfe Wertschöpfung

Dieser Tage ist das Chilli solchernorts nicht mehr nur ein Primärgut im Handel.

Zunehmend wird auch versucht, durch die Weiterverarbeitung zu scharfen Saucen und dergleichen mehr von seinem Wert zu schöpfen.

Zunyi hat so etwa eine eigene Marke an Chilliprodukten, La-San-Niang („Drei Scharfe Mädels,“ wenn man so will).

Und, auch wenn das Unternehmen nicht in der Nähe von Zunyi ansässig ist, sondern andernorts in Guizhou, kommt man nicht umhin, in diesem Zusammenhang auch Laoganma zu erwähnen, den Champion unter den Unternehmen der Provinz, wenn nicht des chinesischen Chillihandels überhaupt.

Und so kommt man, vom Blick auf Berge an Chilli an einem abgelegenen Marktplatz in China zu weltweiten Handelsverflechtungen und traditionellem, mehr oder minder lokalem, Chilliöl, das viele von uns wahrscheinlich in ihrer eigenen Küche haben!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert