TV-Kritik: ProSieben Galileo über „Ur-Chili“ Chiltepin

Über das Chilli wird so oft so seltsames gesagt, es war nicht ohne Sorgen, dass ich mir das Video von ProSieben Galileo über den „Ur-Chili“ Chiltepin ansah.

Immerhin hatte ich schon vor Jahren zig Herkünfte des Chiltepin testweise angebaut, und selbst in einem für mich so schlechten Jahr wie dem letzten hatte ich noch zwei (schon mehrjährige) Formen von Chiltepin mit je mehreren Pflanzen im Garten.

Plus Charapita (das plötzlich zum Namen „Kaviarchili“ gekommen war, nachdem ich Chiltepin einmal als Kaviar unter den Chili bezeichnet hatte), die Wildform von Capsicum chinense. Und Bird Ají, die Wildform von Capsicum baccatum.

Und nun? Hut ab vor der Galileo-Redaktion!

Natürlich kam das Thema „Nichts ist scharf genug!“, dieses fürchterliche Missverständnis des Chilli, vor. Aber immerhin kam das nur von der Kundschaft, nicht vom Koch, nicht von den Redakteuren.

Dafür kamen wunderbare Einsichten, in denen man zum Beispiel einmal eine der Besonderheiten des Chiltepin sehen konnte.

Nämlich, dass dieser in ganz schön wüstenartigem Gelände wächst (wenn man jetzt an Strauch- und Steinwüsten, nicht gerade an Sandwüste denkt), vor Sonne und Klimaextremen ein wenig von Schattenbäumen geschützt.

Chiltepin

 

Mit ein wenig mehr Erfahrung kommen allerdings auch noch weitere Gründe für Amüsement:

Etwa dieser, geschmacks- bzw. wirkungs-bezogene: Das von Lars, dem Currywurst-Koch, im Video probierte Chiltepin verhält sich genau entgegengesetzt von meinem getrockneten Chiltepin.

Ihm hat es sofort und auf der Zunge gebrannt, nicht im Rachen; meines scheint zuerst gar nichts zu tun, verglüht dann aber nach einem gewissen Countdown im Rachen… und das gemeiner als frische Bhut Jolokia, wie ein paar Bekannte einmal bei einer Verkostung feststellen mussten.

Und frisch wäre es wieder ganz anders, mehr so wie man es beim mexikanischen Chiltepin-Sammler später im Video bemerkte.

So nämlich, dass man die Durchblutung etwas sehr stark anregt und sich sicher gleich einmal abkühlen will.

Ein Nebengedanke: Currywurst könnte etwas sein, wofür ich ausnahmsweise einmal Charapita empfehlen würde. Aber gut, ohnehin nicht so mein Ding.

„Keine andere Nation isst mehr Chilli als Mexiko“… Da könnten sich die Bhutanesen doch beschweren, bei so einer Aussage; in Mexiko geht es tatsächlich (meines theoretischen Wissens nach) sehr unterschiedlich zu.

Viel Chilli in grosser Vielfalt wird verwendet, aber es wird auch oft vermieden, weil es doch nicht die feine Küche wäre. Tja.
Das ist dann aber auch schon das einzige faktische „Problem,“ bei dem ich mich wundere.

Ein wenig Hin-und-Her ging es auch mit dem Thema Chiltepin-Anbau.

Zuerst hiess es, Anbau wäre nichts, später wurde erwähnt, dass Chiltepin auch angebaut würde.

Zwei Probleme sehe ich hier (auch wieder kleine):

Die Frage beim Anbau, und mit der Aussage, dass wild gesammeltes Chiltepin besser wäre, ist die, wie denn nun jener Anbau aussieht.

Wenn dabei tatsächlich grössere und weniger scharfe/aromatische Früchte mit mehr Samen herauskommen, dann wird wahrscheinlich zu viel bewässert und eventuell auch schon verkreuzt.

(Das habe ich schon oft als ein Thema bei Chiltepin-Saatgut bemerkt. Chiltepin verkreuzt sich ziemlich gut, Saatgut ist oft nicht so gut/rein, wie es sein sollte – und oft genug schon wurden herkömmliche Sorten von kleinfrüchtigem Chilli falsch als Chiltepin verkauft.
Ich könnte auch bei meinem Saatgut keine Garantie abgeben, dass sich nichts verkreuzt hat und arbeite sogar an Sortenentwicklung mit einer solchen Kreuzung…)

So gesehen also würde auch ich Chiltepin aus Wildsammlung empfehlen.

Vorzugsweise von einer Quelle, wo man schonende Ernte von lokaler Bevölkerung fördert, denn Chiltepin wird oft auch „gewildert“, wobei die Nicht-Einheimischen dann ganz gerne ganze Äste abreissen und abschütteln, statt sorgsam die einzelnen reifen Früchte hinunterzupflücken.

Andererseits klingt das ganze jetzt so, als würde man im Anbau einfach keinen guten, aromatischen und scharfen, Chiltepin produzieren.

Das kann ich so nicht bestätigen; ich bin mit meinen Anbauergebnissen immer zufrieden. Ausser vielleicht, dass die Ernte immer geringer ausfällt, als man sich das erhoffen würde.

Dafür aber sind Chiltepin-Pflanzen wirklich gut mehrjährig zu halten. (Mit Überwinterung in einem kühlen Zimmer, typischerweise.)

Eine kleine Anmerkung noch für die Spanischsprecher:

Man merkt das schon (die Schärfe, beim Sammeln)… auch dann auf der Toilette, sagt die Übersetzung.

Der O-Ton, wenn ich das richtig gehört habe, sagt, man bemerkt die Schärfe „tocando el chile“ … wenn man(n) seinen Chili anfasst 😉

Und so, viel Spass mit dem Video, viel Spass mit dem Chiltepin! Jetzt weiss ich auch, warum mein Blog hier plötzlich so einen Ansturm an Besuchern hatte!

Fragen? Gerne hier, gerne auch mit einem Workshop 😉

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