Zumindest Österreich und Deutschland haben diese ‚Tradition‘, grünen Paprika als Rohkost zum Brot oder im Salat zu essen. Es ist ein relativ spezieller Fall, aber schon einer, der eine Anmerkung wert ist.

Nur zu oft passiert es nämlich, dass Chillipflanzenkäufer nach einer Sorte suchen, die gut für grünen Paprika ist. Oder genau genommen, nicht einmal danach, sondern nach einer „grüner Paprika“-Sorte. Das Problem ist bloss, dass grüne Paprika einfach die unreifen Früchte diverser Vertreter des Blockpaprika-Fruchttyps sind.
Leute darüber aufzuklären führt aber nur zu oft zu heftigen Diskussionen. Nur zu viele haben bereits Paprika angebaut, waren aber zu spät in der Saison oder zu ungeduldig um diese wirklich reifen zu sehen, sind nun aber fest davon überzeugt, dass zumindest ihre Sorte niemals einen Farbwandel erlebt hätte.
Es geht mit ihnen so wie mit dem Pferd im Experiment, das auf Metallplatten steht, von denen einer seiner Hufe einen Stromschlag erfährt. Das Pferd lernt, diesen Huf in die Höhe zu halten… und es bleibt dabei, auch wenn längst kein Strom mehr durch die Metallplatte geleitet wird. Es probiert nichts und lässt sich sozusagen nicht von seiner auf früheren Erfahrungen basierenden Meinung abbringen.
Mit vielen Menschen ist es sogar noch schlimmer. Diese stolpern nämlich über irgendwelche Meldungen über grün reifende Chilli (z.B. gibt es offenbar eine wilde brasilianische Capsicum-Art, die bei der Reifung keinen Farbwechsel erfährt und angeblich eine Paprika-Zuchtsorte, die grün bleibt) und sehen sich durch diese Ausnahmen in ihrer, dennoch falschen, Meinung bestätigt. Alle der widersprechenden Kenntnisse von anderen werden aber einfach beiseite gewischt.

Dieses Chilli-Missverständnis erwähne ich nicht nur, weil es zu den ständig wiederkehrenden und stets nervigen Erfahrungen zählt, sondern auch, weil ähnliche Denkschemata nur zu häufig sind. Jede angebliche Chillisorte als anders (und überhaupt, als eine Sorte) zu sehen entspricht den wahren Tatsachen ebenso wenig; genauso wenig ist alles Chilli praktisch dasselbe, geht es beim Chilli ohnehin immer nur um Schärfe und zerstört Chilli den Geschmack. Aber, solch faules Denken ist nicht nur aus der Perspektive eines Wissenschafters ein Grund zu leiden, sondern es hält uns (schlimmer noch) davon ab, die Vielfalt an Geschmäckern und ‚Sorten‘ und Schärfen und kulinarischen Kombinationen und kulturellen Zusammenhängen usw. zu erkunden…
Nicht nur das, der Fokus auf dem einen gewünschten Ding führt sogar dazu, dass nicht genauer geschaut wird, welche ‚Sorten‘ tatsächlich einen schmackhaften grünen Paprika – oder grünes Chilli – produzieren würden. Ich würde im Allgemeinen raten zu warten, bis das Chilli reift, weil sich der Geschmack dann noch wesentlich entwickelt, aber es gibt auch ausgezeichnete Verwendungen für grüne Chilli/Paprika. Nur eben nicht für alle.
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