Immer wieder fasziniert es mich, wenn solch verschiedene Traditionen wie das alteuropäische Kochen wie von Grossmuttern und das althergebrachte Kochen aus China sich plötzlich in trauter Übereinstimmung finden.
Umso interessanter, bei all den Unterschieden und all dem Pochen auf Tradition, wenn das Ganze dann auch noch darum auffällt, weil man von einem neuesten Trend-Thema liest…
Aktueller Fall: der Kult um die „Knochensuppe.“

Von der New York Times zum Guardian haben jetzt schon einige Qualitätszeitungen von diesem neuesten Trend aus (oder jedenfalls in) New York City berichtet.
Da werden Brühen aus Knochen herausgekocht und über die Gasse verkauft, als wären es Capuccinos oder Energy Drinks.
Einerseits, in einer Zeit, wo der Trend eher zu Veganismus geht und selbst ein Paleo-Anhänger der auf Protein schwört, nicht unbedingt mit dem Ursprung seines Fleisches konfrontiert werden möchte, scheint das sehr unpassend. Noch nicht einmal die letzteren werden allzu begeistert auf Knochen herumhacken und diese stundenlang auf ihrem Herd köcheln haben wollen.
Andererseits passt es in den Trend um natürliche, althergebrachte Formen der Ernährung mit hohem Anteil an möglichst vielen Nährstoffen schon sehr gut. Wer seine Grossmutter noch in der Küche sah, der hat ziemlich sicher Rindsuppe oder Hühnersuppe nicht aus Suppenwürfeln sondern auch Knochen entstehen sehen.
In weiteren Details erschliesst sich dann noch mehr an faszinierenden Zusammenhängen.

So ist der Geschmack ein ganz anderer.
Lernt man beides kennen, die Fertigsuppen und die ‚Natursuppe‘, so stellt man fest, dass man bald den Geschmack von Kunstaromen aus den ersteren herausschmecken kann (selbst bei allem „ohne künstliche Geschmacksverstärker“) – aber auch, dass man das natürliche Aroma oft schon gar nicht mehr gewöhnt ist und sich erst einmal wieder daran gewöhnen muss.
In die aktuellen Diskussionen rund um verschwenderischen Umgang mit Essen passt das Thema auch wie die Faust aufs Auge.
Nur allzumeist sind genau die Knochen, die sich für Suppen am besten verwenden lassen, dieselben, die schon vom Fleischhauer entsorgt werden. Gegen Gebühr, die er entrichten muss, landen sie in der „Tierkörperverwertung“… und auch das im Ganzen gekaufte Brathuhn ist heutzutage ja oft schon eher ein Problem, weil es doch so viel „Abfall“ produziert.
Mit den Knochen ist das aber auch so eine Sache.
Die Furcht vor BSE ist in Anbetracht aktuellerer Sorgen wieder einmal untergegangen, aber Tierknochen würden wohl immer noch als potentiell gefährlich gelten. Industriell hergestellte Brühe aus Knochen würde ich also auch weiterhin nicht so schnell und weithin erwarten; die Unbedenklichkeit wäre da vielleicht doch ein Thema.
Zudem (Andererseits?) würde man, wenn man schon so einen Ort von ‚Ablagerungen‘ wie Knochen stundenlang auskocht, hoffentlich noch mehr auf die Qualität achten als schon beim Fleisch. Der lokale vertrauenswürdige Biobauer, der garantiert nicht mit Antibiotika füttert, nur damit das Vieh schnellstmöglich gross und schwer wird und die Art der Haltung annähernd krankheitsfrei übersteht, ist hier auf jeden Fall ratsam.
Besonders interessant für internationale/-kulturelle Zusammenhänge schliesslich ist das Thema Schwein.
Rind- oder Hühnersuppe kennt man in Europa und den USA üblicherweise, aber schon die Idee von „Schweinesuppe“ klingt irgendwie falsch.
Das kleine Problem mit diesem Problem: Ein anderer, schon seit langem im Aufstreben befindlicher, Trend ist Ramen, und eine der beliebtesten (wenn nicht die beliebteste) Form davon ist Tonkotsu Ramen.
Und was bedeutet dieses „tonkotsu“? Nichts anderes, als das die Suppe für diese japanische Nudelsuppe vor allem aus Schweineknochen herausgekocht wurde… Was in Japan als reinste Kunst gilt und von manchen zu einer Wissenschaft gemacht wird.
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