Kryptobotanik … die kryptische Verklärung des Chilli

Chilli blendet nicht nur durch seine verräterische Schönheit, hinter der sich Schärfe versteckt, es bringt Menschen auch dazu, grosse Leiden auf sich zu nehmen, um grosses Glück zu empfinden – und sich auf eine Art mit dieser Gattung, diesem „Gewürz“, diesem Liebesleid zu beschäftigen, die manchmal geradezu religiöse Züge annimmt.

Wie so viele Süchte braucht auch diese immer wieder Steigerung, und so kommt es zu interessanten Auswüchsen…

„Das Schärfste“

… und nur allzu viele gehen auf die Suche nach dem heiligen Gral der Chileheads, dem schärfsten aller Chillis.

Diese fällt für mich aber auch unter die Rubrik Kryptobotanik, weil sie nämlich auf einem gleich doppelten Missverständnis beruht:

Zum einen geht es beim Chilli längst nicht nur um die Schärfe, oder zumindest sollte es nicht nur um die Schärfe gehen. Sieht man sich weltweit in den Chiliküchen um, so stellt man auch bald fest, dass die Geschichte mit dem süchtigmachend-scharfen Chilli überhaupt nicht stimmt. Dieser Machismo, mehr und schärferes aushalten zu können, kommt durchaus vor, aber er ist eher die Ausnahme. Im allgemeinen will man es eher angenehm scharf, so (unterschiedlich) wie man es eben gewöhnt ist und so, dass man eine wunderbare Scharf- und Geschmacksnuance hinzugewinnt. Von Steigerung weil Sucht keine Spur, ausser vielleicht im Übergang vom Babyessen zum normal-scharfen Erwachsenenessen.

Zum anderen ist das Problem dabei, dass die Suche nach der einen schärfsten Chillisorte mit dem einen höchsten Capsaicingehalt / Scoville-Schärfegrad die Botanik der Schärfeentwicklung wie auch die Testmethoden missversteht.

Dass noch dazu, dass bei den schärfsten Sorten eine Unterscheidung welche denn nun schärfer wäre, nicht mehr wirklich – in der Praxis, durchs Probieren – möglich ist; der genaue Wert ist – selbst wenn er stimmen würde – ziemlich irrelevant (ob nun etwa 200,000 oder 300,000 Scoville-Einheiten ist bereits ziemlich egal, man verbrennt sich an beidem gleichermaßen. – Bei Werten darüber wird es nur noch blöder, ausser vielleicht man ist bekennender Masochist und Feuerschlucker….).

Aber natürlich wird das Thema immer noch mit brennender Aufmerksamkeit verfolgt… sh. hier.

Das Problem des Scotch Bonnet

Sehr zum Bedauern des Sortenerhalters ist auch die Sorte bzw. der Fruchttyp des Scotch Bonnet zunehmend als Mythos einzuordnen; fast alles was als „Scotch Bonnet“ verkauft wird entspricht eindeutig nicht diesem Fruchttyp sondern ist bestenfalls noch ein „Mushroom“-Typ (was eigentlich nicht offiziell ein Fruchttyp ist, soweit ich weiß, aber diese Einteilung ist ohnehin auch problematisch).

Laut Dr. Bosland (persönliche Kommunikation) ist „Scotch Bonnet“ im normalen Sprachgebrauch der betreffenden Länder allerdings auch ungefähr gleichbedeutend damit, „green chilli“ zu suchen…

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