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Chile Merkén

Chilli könnte, würden wir nur ein wenig mehr darüber nachdenken, die ganze seltsame moderne Welt symbolisieren.

Es ist an vielen Orten so etabliert, dass es zu deren Identität gehört, dabei gelangte es dorthin erst nach Kolumbus.
Es ist so normal und alltäglich, dass es oft vergessen wird; es ist einfach da.
Es ist gleichzeitig so etwas besonderes und traditionelles und zu bestimmten Regionen und Leuten gehörendes, dass es als wichtiges Symbol erkannt und gefeiert wird.
Und es ist gerade wieder dabei, munter weiter zu wandern…

Bisher hat man von solchen Dingen hauptsächlich aus (West-)Europa und den USA gehört, wo der kulturelle Supermarkt so sehr dominiert, dass umso stärker nach Wurzeln und Authentizität gesucht wird. Wenn man schon nichts eindeutiges aufgrund seiner Geburt ist, dann kann man wenigstens von allen Orten und Kulturen etwas annehmen…

Pimentón de la Vera und Piment d’Espelette haben so, wenn man traditionelle und ortstypische Chillipulver als Beispiel nimmt, einen Wiederaufschwung erlebt. Oder vielleicht war es eher ein Erblühen, denn sie wurden früher wohl eher nur lokal genutzt und sonst als ländlich-rückständig angesehen, bis sie dann mit Slow Food und dem wachsenden Interesse an lokalen und traditionellen Lebensmitteln zu etwas besonderem wurden.

Südamerika war bisher, zumindest von Europa aus gesehen, ein besonders seltsamer Fall.

Chilli verschiedenster Art ist hier zu Hause, ist selbst im archäologischen Zeugnis zu finden, wird mit Sicherheit immer noch viel genutzt – aber genau diese alltägliche Nutzung ist gerade erst im Begriff, einen Einfluss auf die gehobene Küche auszuüben. Erst von dort verbreitet sich so etwas dann typischerweise auch international.

So ist Südamerika eine der Heimaten (und die ursprüngliche Wiege) der Chilli und sollte unter den „hot spots“ in der Kulinarik sein. Aber kaum jemand weiss gut über die Chilli-Vielfalt und die Chilli-Küchen Südamerikas Bescheid, nicht jedenfalls so, wie man um thailändische Curries oder Sichuan hot pot wüsste.

Eine Ausnahme entwickelt sich aber gerade, das chile merkén.

Dieses Chillipulver aus keinem geringeren Land als Chile, dem Land das seinem Namen nach mit dem Chilli (bzw. chile pepper) zu tun zu haben scheint – auch wenn das ein Missverständnis ist – erobert in jüngerer Zeit die USA. Oder zumindest konnte man es auch schon bei Wal-Mart finden, was doch für weitere Bekanntheit spricht. Nach Europa hat das Merkén es, meines Wissens nach, allerdings noch nicht geschafft.

So wie bei Pimentón de la Vera handelt es sich auch hier um ein geräuchertes Paprikapulver. Oder zumindest grossteils das, hergestellt aus cornucabra / Cacho de Cabra / caciocavra (Ziegenhorn, Goat’s Horn)-Chilli, plus Koriandersamen und Salz und manchmal offenbar etwas anderem Chilli.

Und auch hier handelt es sich um ein lokales Produkt, und sogar um ein indigenes, denn es stammt von den Mapuche-Indianern. Was genau die typische Dynamik wiederspiegelt:

Für die Einheimischen ist es einfach ein Alltagsding.

Für diejenigen, die sich für modern halten, ist es ein Symbol für die rückständige und arme Vergangenheit bzw. die rückständigen Indigenen, und damit ist es etwas, wovon man sich lieber fernhält.

Für die entfernteren und entwurzelten auf der Suche nach dem lokalen, echten, authentischen schliesslich ist es ein authentisches Produkt, das es zu bewahren und bejubeln gilt.

(Nicht überraschend, dementsprechend, dass es ein Slow Food Präsidium für Merkén gibt.)

Chile Merkén
Chile Merkén

„Ist doch nur das nächste Chillipulver“ ist der Gedanke, der jetzt durch den Kopf geht?

Nicht so schnell.

Selbst wenn es nur die nächste Art von Chilli wäre, ist es nicht das schlechteste, wenn lokale Varietäten und Produkte etwas Unterstützung bekommen. Diese Welt erlebt nur zu viel Vereinheitlichung, in der Landwirtschaft wie auch in den Küchen, dabei ist die Vielfalt das Fundament der Zukunft, denn wir brauchen sie, um uns an unsere sich stetig ändernde Welt anzupassen. So brauchen wir mehr Lokalisierung, nicht immer nur mehr Globalisierung, und alles was interessant wird, weil es lokal ist, ist wohl ein Schritt in die richtige Richtung.

Ausserdem ist das chile merkén auch wieder etwas anders.

Für ein geräuchertes Paprikapulver ist es nicht so besonders rauchig; für ein Chilli ist es nicht so besonders scharf; aber es ist, was es ist, und das ist wunderbar aromatisch und in seiner Schärfe sehr schön ausgeglichen.

Bisher hätte ich auch keine Chillipulver mit Salz machen wollen, weil ich die allgegenwärtigen Chilli-Salz-Mischungen für eine rechte Bauernfängerei halte – aber merkén mit seinen maximal 20% Salz scheint mir ein schönes Beispiel für eine Mischung, die man einfach so über Essen streuen könnte, und die es wert ist, gemacht zu werden.

Aber, warum ‚rede‘ ich hier überhaupt noch – einfach probieren!


sabor-rojo-merken

Dabei will ich diesmal auch mit einem kleinen Gewinnspiel helfen. Es gibt einen kleinen Streuer Sabor Rojo chile merkén (traditionell) zu gewinnen. Zur Teilnahme braucht es ein Foto, das mit (vorzugsweise lokalen) Gewürzen zu tun hat, geschickt an chilicult[at]gmail[dot]com

Nichts zu „würziges“ im übertragenen Sinne, bitte 😉
Einsendeschluss: 31. Juli 2014.

4 Antworten

  1. Leider fotografiere ich nicht, habe auch kein Handy o.ä. und auch keinen Fotoapparat. Schade.

    1. Hmm. Dafür bist du ein treuer Fan… Nachdenk…

  2. […] interessant aber, dass man hier wieder einmal Merkén, die chilenische (und eigentlich nicht national-chilenische sondern ethnisch-indigene, Mapuche) […]

  3. […] interessant aber, dass man hier wieder einmal Merkén, die chilenische (und eigentlich nicht national-chilenische sondern ethnisch-indigene, Mapuche) […]

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